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Lage in türkischen Gefängnissen”Sie stapeln sie übereinander”

Spiegel - Samstag, 06.08.2016 

Schon vor dem Putschversuch waren die Gefängnisse in der Türkei überfüllt, jetzt droht das Justizsystem zu kollabieren. Menschenrechtler kritisieren prekäre Haftbedingungen und gewaltsame Übergriffe.

Insassin im Metris-Gefängnis in Istanbul / REUTERS

12.000 Menschen wurden seit dem Putschversuch gegen die Regierung Recep Tayyip Erdogans am 15. Juli verhaftet. Schon im März, vier Monate vor dem Staatsstreich, waren die Kapazitäten der Haftanstalten mit rund 188.000 Insassen eigentlich schon erschöpft - sie verfügen landesweit nur über 180.256 Plätze.

Mit den zusätzlichen Gefangenen droht nun nicht nur Überfüllung in den Einrichtungen, sondern auch der Stillstand des ohnehin überlasteten Justizsystems, denn auch rund 3000 Staatsanwälte und Richter wurden festgenommen.

12.000 Verhaftete und Tausende weitere Menschen, die zur Befragung festgehalten werden, warten in den Justizanstalten auf den Beginn ihres Verfahrens. Eine Situation, die Menschenrechtler als unhaltbar kritisieren: "Sie stapeln sie übereinander, um ausreichend Raum zu schaffen", sagt Mustafa Eren, Vorsitzender der Stiftung Zivilgesellschaft in der Strafjustiz, laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters. Angeblich kursieren Bilder von Insassen, die mit Handschellen gefesselt und lediglich mit Unterhosen bekleidet in heißen, schlecht belüfteten Räumen festgehalten werden.

Schlafen nur in Schichten

Das Silivri-Gefängnis westlich von Istanbul sei so überfüllt, dass es Gefangene in der Sporthalle unterbringe, berichtet Eren der Nachrichtenagentur. Im Tekirdag-Gefängnis im Nordwesten des Landes müssten je sechs Leute in einer Drei-Mann-Zelle ausharren.

Schon vor dem 15. Juli hätten Gefangene mancherorts auf den Gängen oder vor den Toiletten schlafen müssen, wird Veli Agbaba zitiert, stellvertretender Vorsitzender der größten säkularen Oppositionspartei CHP. Agbaba ist Mitglied eines Ausschusses zur Untersuchung der Zustände in den Gefängnissen und habe in den letzten fünf Jahren überall in der Türkei zahlreiche Besuche in den Haftanstalten absolviert. In einigen Gefängnissen sei es derart voll, dass die Häftlinge in Schichten schlafen müssten, sagt Agbaba.

Während die AKP-Regierung betont, die Lage unter Kontrolle zu haben, berichtete unlängst sogar die eigentlich regierungsfreundliche Zeitung "Yeni Safak", dass die Leitung des Sincan-Gefängnisses in Ankara ein großes Zelt auf dem Gelände habe aufstellen lassen, um neue Gefangene unterzubringen. Laut Reuters widersprach die Regierung und erklärte, alle Verdächtigen seien in Gebäuden untergekommen. Doch auch dann sei es nicht mehr damit getan, zusätzliche Betten in die Zellen zu stellen, sodass man sich in ihnen nicht mehr bewegen könne, so Agbaba.

Die Menschrechtsorganisation Amnesty International hatte bereits Ende Juli Sorge über die sich verschärfende Lage in den türkischen Gefängnissen geäußert. Vielfach habe die Organisation Berichte und Bilder von gewaltsamen Übergriffen übermittelt bekommen. Einige Medien hätten auch Bildmaterial von Häftlingen, insbesondere der am Putsch beteiligten Soldaten, mit blauen Flecken und Verbänden gezeigt. Das sei Folter, "da braucht man nicht einmal mehr ermitteln", sagt Öztürk Türkdogan, Chef des türkischen Verbands für Menschenrechte, laut Reuters. Derartige Racheakte dürfe es nicht länger geben, forderte er.

165 neue Gefängnisse sollen gebaut werden

In einem Fernsehinterview hatte Justizminister Bekir Bozdag noch in der vergangenen Woche betont, in türkischen Gefängnissen gebe es keine Folter. Inzwischen verfüge die Regierung aber auch nach eigenen Angaben über kein Gerichtsgebäude mehr, das groß genug wäre, um allen nach dem Putsch Angeklagten, aktuell bis zu 30.000 Personen, den Prozess zu machen. Es würden daher neue Gerichtgebäude gebaut, kündigte Bozdag an. Auch bis zu 165 neue Gefängnisse sollen in den kommenden Jahren gebaut werden. Das wurde bereits im Januar bekannt gegeben. Ob dafür wie ursprünglich geplant 131 veraltete Einrichtungen geschlossen werden, ist in der aktuellen Situation eher fraglich.

Knapp seien aber nicht nur Gerichtsäle und Gefängnisplätze, Richter und staatliche Ermittler, sondern auch Anwälte: Erfahrene Advokaten wollten entweder nicht mit dem Putschversuch in Verbindung gebracht werden oder fühlten sich befangen, sagt Türkdogan zu Reuters. In einigen Fällen erhielten die Festgenommenen zwar einen Rechtsbeistand, oft handle es sich dabei aber um unerfahrene Anwälte, die sich von den Behörden einschüchtern ließen.

Vertreter von verschiedenen türkischen Menschenrechtsorganisationen hätten sich inzwischen mit dem stellvertretenden Ministerpräsidenten Numan Kurtulmus getroffen, um ihre Besorgnis über die Haftbedingungen zu äußern, hieß es.

bor/Reuters

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